Kein schlichtes Miteigentum ohne Nutzwertgutachten

Bei zwei oder mehr Eigentümern an einer Liegenschaft, also an einem Grundstück mit aufstehendem Gebäude, bieten sich unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten an. Näheres dazu ist beim ÖVI, dem Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft zu erfahren. Wie von den dortigen Wohnungsexperten anschaulich dargestellt, kann das schlichte Miteigentum mit einer Torte verglichen werden. Unklar beziehungsweise nicht klar definiert ist dabei jedoch, wem welches Stück und welcher Tortenanteil gehört. Das wird in der Praxis an diesem Beispiel deutlich. Der Eigentümer einer Liegenschaft überträgt Haus und Grundstück je zur Hälfte an seine zwei Kinder. Beide sind im Anschluss an die Einverleibung im Grundbuch zu jeweils der Hälfte, also 50% Miteigentümer an der Liegenschaft. Sie gehört beiden gemeinsam, allerdings gehört keinem von beiden ein bestimmter Teil daran.

Das schlichte Miteigentum
Umgangssprachlich gesagt geht das solange gut, wie es gut geht und sich die Miteigentümer untereinander verstehen. Problematisch wird die Situation beim ersten Interessenskonflikt. Dann kann der gemeinsame Besitz, so lautet die Auskunft vom ÖVI, durch eine Teilungsklage aufgelöst werden. Die kann jeder Miteigentümer bei Gericht beantragen. Üblich ist es, dass die Immobilie nach Erstellung eines Nutzwertgutachtens verkauft, und dass dann der Verkaufserlös aufgeteilt wird.

Die Benützungsvereinbarung 
Sie muss einstimmig von allen Miteigentümern beschlossen werden und sorgt sowohl für Rechtssicherheit als auch für Klarheit im Alltag. Der ÖVI formuliert das so: Die Miteigentümer teilen sich die Benützung der Wohnungen und der Wohnräume des Hauses vertraglich auf. Sinnvoll bis hin zu hilfreich ist es, die Benützungsregelung im Grundbuch zu vermerken. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sie auch zukünftig für Rechtsnachfolger gilt. Jeder einzelne Miteigentümer kann zu jedem Zeitpunkt die Benützungsvereinbarung per Antrag beim Bezirksgericht aus wichtigem Grunde ändern oder aufheben lassen.

Letztendliche Klarheit durch Parifizierung

Bei einer Parifizierung, der Nutzwertermittlung wird das Gebäude der Liegenschaft auf den Zentimeter genau vermessen. Alternativ wird anhand der Pläne ein Gutachten erstellt. Die Wohnraumflächen werden anhand der Quadratmetergröße der einzelnen Wohnungen unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen bewertet. Berücksichtigt werden beispielsweise Wertminderungen und Wertsteigerungen durch die Lage im Haus, zur Straße oder zum Hof hin, durch die Stockwerklage oder durch Zubehör wie Keller, Gartenfläche und Pkw-Stellplatz.

Betriebskostenaufteilung nach Nutzwert
Der Nutzwert einer Wohnung, und im Zusammenhang damit auch das dazugehörige Nutzwertgutachten, ist auch deswegen von so hoher Bedeutung, weil auf dieser Grundlage der Gesamtaufwand für die Liegenschaft be- und verrechnet wird. Der Wohnungseigentümer zahlt seinen Betriebskostenanteil anteilig des für ihn ermittelten Nutzwertes. Eine andere, abweichende Berechnungsart müssen die Miteigentümer einstimmig beschließen. Bei Unstimmigkeiten über die Nutzwertberechnung, beispielsweise zu den Planmaßen, entscheidet die dafür zuständige gerichtliche Schlichtungsstelle. Bei Um-/Aus-/Anbauten während des laufenden Abrechnungsjahres kann jeder Eigentümer eine Neuberechnung des Nutzwertes beantragen. Alle Wohnungseigentümer räumen sich im Wohnungseigentumsvertrag, der eine Parifizierung zum Ziel hat, gegenseitig das ausschließliche Nutzungs-/Verfügungsrecht an ihren Wohnungen ein. Einzelne Wohnungen können nicht parifiziert werden, sondern seit Anfang der 2000er Jahre ausschließlich das gesamte Haus.

Im Übrigen ist eine nicht parifizierte Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt deutlich weniger wert als das Wohnungseigentum.