Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Sehr häufig kommt ein Nutzwertgutachten zur Sprache – sei es bei dem Kauf einer Wohnung, der Aufteilung einer in Familienbesitz stehenden Liegenschaft, dem Bau eines Doppelhauses, der Berechnung des Betriebskostenanteiles des einzelnen Wohnungseigentümers und vieler anderer Anlässe. Vielen ist aber nicht klar, was genau dieses Nutzwertgutachten bedeutet.

In diesem Blogbeitrag wird das Nutzwertgutachten einfach auch für Laien verständlich erklärt

Was versteht man unter einem Nutzwertgutachten?

Ein Nutzwertgutachten ist ein von einer/einem Sachverständige/n erstelltes Gutachten zur Ermittlung der  Nutzwerte der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte, die die Größen der Eigentumsanteile der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte im Grundbuch bestimmen.

Somit ist ein Nutzwertgutachten nur bei Wohnungseigentum erforderlich. Umgangssprachlich wird auch oft von einem Parifizierungsgutachten oder einer Parifizierung gesprochen – dies bedeutet genau das Gleiche.

Was sind Wohnungseigentumsobjekte?

Wohnungseigentumsobjekte sind die einzelnen Teile einer Liegenschaft, an denen Wohnungseigentum begründet werden kann.

Es gibt zum Beispiel folgende Arten von Wohnungseigentumsobjekten:

  • Wohnungen
  • Büros
  • Lager
  • Geschäftslokale
  • Garagen
  • KFZ -Abstellflächen

Grundsätzlich muss ein Wohnungseigentumsobjekt eindeutig baulich abgegrenzt sein und eine wirtschaftlich relevante Einheit darstellen. Somit kann ein kleines Kellerabteil von 2 m² kein eigenes Wohnungseigentumsobjekt bilden- es kann nur als Zubehör zu einem WE-objekt, zum Beispiel einer Wohnung, dazuparifiziert werden.

Was sind Nutzwerte?

Im Nutzwertgutachten werden die Nutzwerte der einzelnen Wohnungen , Büros, KFZ -Stellplätz usw. auf Basis der Nutzflächen und unter Berücksichtigung verschiedener Regelnutzwerte und Zu-und Abschläge ermittelt.

Vereinfacht erklärt: es werden die Nutzflächen der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte mit ihrer Wertigkeit multipliziert, um den Anteil an dem Gesamtobjekt auszurechnen.

Nutzflächenberechnung & Nutzwertberechnungen

Grundlage der Nutzwertberechnung ist die Nutzflächenberechnung. Diese wird vom Sachverständigen in der Regel anhand der baugenehmigten Pläne durchgeführt. Sofern Differenzen über 3% der Naturmasse gegenüber den Planmassen bestehen, müssen die Flächen vermessen werden und die Nutzwertberechnung erfolgt an der daraus resultierenden Bestandspläne

Die Nutzwertberechnung ist Kern und wichtigster Teil des Nutzwertgutachtens.
Es wird eine Regelwohnung mit Nutzwert 1,0/m² Wohnnutzfläche definiert und die übrigen Wohnungen werden mit Zu- und Abschlägen im Verhältnis zur Regelwohnung bewertet.

Beispiel:

  • Wohnung A hat 80m² und liegt an der lauten Straße im Erdgeschoss
  • Wohnung B hat 65m² und liegt im 1.Stock in Ruhelage im Hof
  • Wohnung C hat 80m² und befindet sich im Dachgeschoss mit einer herrlichen Aussicht in ruhiger Lage zum begrünten Innenhof orientiert.

Würden die Anteile nur nach der Größe ermittelt, dann hätten die  Wohnungen A und C beide  80 Anteile und Wohnung B 65 Anteile  – dies würde aber nicht den wahren Wert der Wohnungen widerspiegeln, da Wohnung C wesentlich wertvoller ist als Wohnung A. Diese unterschiedlichen Anteile werden im  Nutzwertgutachten vom Sachverständigen  im Zuge der Nutzwertberechnung festgelegt.

Wenn nun in unserem Beispiel die Wohnung B die Regelwohnung ist mit dem Nutzwert 1,0 – so hat Wohnung B 65m² x 1,0 = 65 Nutzwerte

Wohnung A bekommt einen Abschlag von 10% wegen der im Vergleich zur Wohnung B schlechteren Lage und hat somit einen Wohnungsnutzwert von 0,90 (Regelnutzwert 1,0 minus 10%). Der Nutzwert der Wohnung A beträgt somit 80m² x 0,9 = 72 Nutzwerte

Wohnung C bekommt einen Zuschlag von 15% wegen der im Vergleich zur Wohnung B besseren Lage und hat somit einen Wohnungsnutzwert von 1,15 (Regelnutzwert 1,0 plus 15%). Der Nutzwert der Wohnung C beträgt somit 80m² x 1,15 = 92 Nutzwerte

Wohnungszubehör

Weiters werden im Nutzwertgutachten Zubehöre an Wohnungseigentumsobjekten festgelegt – beispielsweise Kellerabteile, Eigengärten oder sonstige nicht baulich mit dem Wohnungseigentumsobjekt verbundene Teile der Liegenschaft.

Somit sind diese Teile der Liegenschaft eindeutig dem Besitz eines Wohnungseigentümer zugeordnet

Wer darf ein Nutzwertgutachten erstellen ?

Die Nutzwerte sind durch das Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Hochbau- oder das Immobilienwesen zu ermitteln.

Wann kann das Nutzwertgutachten erstellt werden ?

Das Nutzwertgutachten kann erstellt werden, sobald eine rechtskräftige Baugenehmigung für eine Gebäude mit zumindest 2 Einheiten vorhanden ist. Der Bau selber muss noch nicht vorhanden oder fertiggestellt werden.

Was kostet eine Nutzwertgutachten bzw. eine Parifizierung ?

Die Kosten  für die gesamte Parifizierung setzen sich aus den Kosten für den Sachverständigen das Nutzwertgutachten und aus dem Honorar für den/die Rechtsanwalt/anwältin oder Notar/in für die Erstellung des Wohnungseigentumsvertrages und die Durchführung der grundbücherlichen Eintragung zusammen.

Erfahren Sie mehr über unsere Preise der Nutzwertgutachtenerstellung.

Welche Unterlagen sind für die Erstellung eines Nutzwertgutachtens erforderlich ?

Für die Erstellung des Nutzwertgutachtens sind alle baugenehmigten Pläne und Baubescheide erforderlich. Zusätzlich werden Angaben über zuzuordnende Gebäudeteile benötigt – zum Beispiel welches Kellerabteil soll welcher Wohnung zugeordnet werden usw.

Müssen alle Wohnungseigentümer das Nutzwertgutachten unterschreiben?

Ja- der auf Basis des Nutzwertgutachtens erstellte Wohnungseigentumsvertrag muss von allen Eigentümern oder deren bevollmächtigten Vertretern unterzeichnet werden.

Was ist der Unterschied zwischen Wohnungseigentum und Miteigentum ?

Bei Wohnungseigentum wird Eigentum an einer konkreten Wohnung, einem Büro usw. begründet. Bei schlichtem Miteigentum dagegen gehört jedem Miteigentümer anteilig zu seinen Anteilen im Grundbuch ein Anteil am gesamten Gebäude. Daher werden auch bei Wohnungseigentum Hypotheken oder sonstige grundbücherliche Lasten nur  an dem konkreten Wohnungseigentumsobjekt eingetragen – beim Miteigentum dagegen haften alle Miteigentümer aliquot mit der gesamten Liegenschaft

Nutzwertgutachten und Betriebskostenanteile

Da die laufenden Kosten üblicherweise entsprechend den grundbücherlichen Anteilen aufgeteilt werden, kommt einem korrekten Nutzwertgutachten große Bedeutung zu.

Eintragung im Grundbuch

 Wenn das fertige  Nutzwertgutachten vorliegt, wird vom Rechtsanwalt/Notar der Wohnungseigentumsvertrag aufgesetzt. Sofern alle Wohnungseigentümer diesem Vertrag zustimmen, kann das Wohnungseigentum im Grundbuch eingetragen werden.

Wo kann ich das Nutzwertgutachten für meine Wohnung finden ?

Ältere Nutzwertgutachten können im Grundbuch ausgehoben werden. Da das Grundbuch öffentlich zugänglich ist – ist keine Vollmacht erforderlich . Neuere Nutzwertgutachten sind digital verfügbar und können ebenso wie Grundbuchauszüge bei Rechtsanwälten, Notaren, Ziviltechnikern und auch auf einigen Internetseiten gegen Bezahlung angefordert werden.

Meist liegt aber auch bei der Hausverwaltung das Nutzwertgutachten auf.

Wann kommt es zu einer Nachparifizierung ?

Eine Neufestsetzung der Nutzwerte (also eine Nachparifizierung) ist immer dann erforderlich, wenn Änderungen aufgetreten sind, die zumindest ein Wohnungseigentumsobjekt um mehr als 3% verändern. Dies können  nachträgliche Zu- und Umbauten, Dachgeschossausbauten usw. sein.

Der Vorgang ist gleich zur ersten Parifizierung: es muss von einem Sachverständigen ein Gutachten zur Neufestsetzung der Nutzwerte erstellt und dann vom Juristen eine Änderung zum Wohnungseigentumsvertrag aufgesetzt werden.  Sofern sich der Gesamtnutzwert verändert, ist eine Zustimmung aller Eigentümer erforderlich.